Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit musste wegen der Pandemie ihre Kulturarbeit zum großen Teil auf Online-Projekte sowie Verlagstätigkeiten umstellen. Eine Frucht der Arbeit während der Epidemiemaßnahmen bzw. – einschränkungen ist die Herausgabe der Publikation mit dem Titel „Unsere und doch nicht unsere Namen. Eine Überlegung zu deren Änderung im Jahre 1945“, die noch im letzten Quartal des vergangenen Jahres erschienen ist. Dr. Małgorzata Gałęziowska – Geisteswissenschaftlerin, Historikerin, Soziologin sowie Kuratorin im Museum im Ermland und Masuren in Allenstein – macht in der Broschüre detaillierte Ausführungen zum Prozess der Umbenennung von Orten in Ostpreußen nach der Beendigung des Zweiten Weltkrieges. Die Autorin betont auch die Tatsache, dass sich die Eingliederung Ostpreußens in den polnischen Staat auf die hier seit Jahrzehnten lebenden Menschen radikal ausgewirkt hatte, weil die kommunistischen Behörden die Umwandlung nicht nur der Ortsnamen, sondern auch der deutschklingenden Vor- und Nachnamen aufzwang. Auf den Anfangsseiten der Veröffentlichung finden die Leser Erklärungen darüber, wie die Entstehung von Namen verlauft und welche Mechanismen dabei die größte Rolle spielen. Es ist die Rede von solchen Anstößen zur Namensfindung, -bildung und -verfestigung wie bedeutende Ereignisse, Erscheinungen oder menschliche Eigenschaften. Im weiteren Teil der Broschüre erfährt man wie die Namen in Ostpreußen, das nach dem Krieg als wiedergewonnene Gebiete bezeichnet wurde, systematisch geändert worden sind. Gałęziowska beleuchtet ausführlich die Hintergründe der zwanghaften Polonisierung der Gebiete und autochthonen Bevölkerung südlichen Ostpreußens. Nach dem Drama und Gräueln des Krieges wollte man sich von jeder Spur des Deutschtums verabschieden und die Erinnerung an die deutsche Vergangenheit im öffentlichen Bewusstsein so schnell wie möglich vollständig tilgen. Dieser Schritt sollte angeblich der neu ankommenden Siedler aus Masowien und anderen Teilen Polens dabei helfen, sich in den postdeutschen Wohnorten zurechtzufinden. Man stieß dabei auf eine Reihe von Schwierigkeiten: es gab Probleme damit, wie die historisch und kulturell geprägte Bezeichnung Ostpreußen selbst zu ersetzen sei. Masuren und Ermländer wurden bei den Versuchen einer neuen Namensfindung der Region häufig verwechselt und in den gleichen Topf geworfen, was ihren Widerstand hervorrief. Es wird auch die Arbeit von Kommissionen dargestellt, die mit der Aufgabe betraut wurden, die neuen polnisch klingenden Benennungen anstelle der deutschen Ortsnamen vorzuschlagen. Die Mitglieder der Ausschüsse bemühten sich – anders als im Falle anderer nach 1945 an Polen angegliederten Gebiete – die örtlichen Gewohnheiten und Traditionen der Autochthonen nicht zu berücksichtigen. Deshalb kamen die eingepolnischten Varianten der deutschen Ortsnamen nicht in Frage. Dabei zeigte sich aber, dass viele Neuschöpfungen einfach künstlich waren und somit nicht angenommen wurden. Die Lage der Menschen , die vor 1945 Ostpreußen bewohnten, war nicht besonders glücklich. Die Verständigung auf Deutsch in Öffentlichkeit war angeprangert und die Deutschsprechenden wurden Schikanen sowie Demütigungen ausgesetzt. Die deutsche Sprache symbolisierte nämlich die Besatzung und stigmatisierte jene, die sie gebrauchten. Außerdem unterlag der öffentliche Raum in den Städten und Dörfern gleich zwanghaften Änderungsmechanismen. Die lokale Presse bekämpfte die deutschsprachigen Aufschriften, die an privaten Gebäuden, Ämtern und auch an Kunstwerken angebracht waren. Was aber der härteste Eingriff in die Privatsphäre der Einheimischen deutscher Abstammung zu sein scheint, war die amtliche Befugnis, die germanisch klingenden Vor- sowie Zunamen ins Polnische zu ändern, ohne darauf Rucksicht zu nehmen, dass diese Vorgehensweise die Identität und Selbstbestimmung von Betroffenen beeinträchtigt hatte. Was von den Spuren des Deutschtums bis zum heutigen Tag verschont blieb und was von den Behörden in der Nachkriegsperiode zum Glücke nicht vernichtet wurde, sind die deutschsprachigen Inskriptionen auf den Grabtafeln auf den örtlichen Friedhöfen. Sie dokumentieren die komplexe kulturgeschichtliche Mosaik der Region und sind Beweis für das Kulturerbe Darüber hinaus unterstreicht erwähnt Gałęziowska, dass die deutsche Sprache auch auf manchen Nutzgegenständen und im öffentlichen Raum auf Kanaldeckeln überdauerte. Die oben besprochene Problematik können die Leser selbstständig durch die Lektüre der Veröffentlichung vertiefen, wozu wir sehr herzlich einladen. Die Broschüre ist hier online verfügbar: Nazwy nasze i nie nasze
Diese Publikation wurde finanziert aus den Mitteln des Bundesministeriums des Innern für Bau und Heimat der Bundesrepublik Deutschland über Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen sowie des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales.